Samstag, 24. Januar 2009
 
Der Demonstrant mit den tausend Gesichtern PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Dienstag, 13. Februar 2007

In Salzburg wurde ein Anti-EU-Demonstrant verurteilt, der sich ständig umgezogen haben soll und den eigentlich so wirklich nie jemand als Farbbeutelwerfer identifizieren konnte. Die erlittenen Hiebe brachten ihm auch eine Strafe wegen Widerstands ein.

Jan K. wurde am 11.März 2006 bei einer Demo anlässlich des EU-Außenministerrats in Salzburg festgenommen. Er bekam eine Anzeige wegen Sachbeschädigung, versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und Angriffs auf einen Beamten.

Die Vorwürfe: Er habe mehrere Farbbomben auf Häuser (darunter die Bischöfliche Residenz) geworfen, ein Polizeiauto besprüht, mehrere Polizeiuniformen verunreinigt und sich handfest gegen die Festnahme gewehrt. Er selbst bestreitet diese Vorwürfe und legte auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat Beschwerde wegen vorschriftswidriger Festnahme durch sich nicht legitimiert habende Zivilbeamte des Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) und unnötiger Gewaltanwendung ein. Die Beschwerde verlor er genauso wie seinen Strafprozeß. In letzterem wurde er am 27.12.2006 zwar in einigen Punkten vom Vorwurf der Sachbeschädigung freigesprochen, ansonsten aber zu einer 4-monatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Interessant dabei ist, daß von all den vor Gericht aufgetretenen Polizisten nur ein einziger den Beschuldigten einwandfrei als den vermummten Farbbeutelwerfer identifizieren können wollte. Noch interessanter ist, daß dieser einzige Polizist laut Anzeige das Gesicht nur teilweise gesehen haben will, was im Prozeß aber zur Identifikation ausreichte. Außerdem habe sich der Beschuldigte während der Demo zweimal komplett umgezogen. Eine Identifikation über die Kleidung war also nach übereinstimmender Meinung nicht möglich. Am interessantesten aber ist, daß zwar ein Polizeivideo gedreht, aber mittlerweile gelöscht worden ist.

Doch der Richter sah sämtliche Entlastungszeugen als unglaubwürdig an und glaubte den Polizisten, daß der Beschuldigte die Farbbeutel geworfen und sich bei der Festnahme gewehrt habe. Aus dem nun vorliegenden schriftlichen Urteil: "Die Polizeibeamten hingegen, die durch eine falsche Zeugenaussage nicht nur strafrechtliche, sondern auch disziplinäre Konsequenzen zu tragen hätten und die keinen plausiblen Grund für eine falsche Aussage haben, sind sicher wesentlich glaubwürdiger".

Jan K. will auch auf Anraten seines Anwalts in Berufung gehen, doch sitzt er schon jetzt auf hohen offenen Rechnungen und hofft auf Solidaritätsspenden.

Spendenkonto: KV Infoladen Salzburg Kontonr.: 350-141 - BLZ: 49460 Sparda Bank - Kennwort (wichtig!): "soli"

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